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Argumente und Hintergründe

I. Vorbemerkungen

1.
Mit der Änderung des Gesetzes über die Schulen im Land Brandenburg (künftig Schulgesetz genannt) ist es Landesregierung und Koalition gelungen, in der öffentlichen Wahrnehmung die Offensive in der Bildungspolitik wiederzugewinnen, die der SPD-Alleinregierung zum Ende der vergangenen Legislaturperiode aufgrund ihrer völligen Konzeptionslosigkeit und ihrer Angst vor dem Verlust der alleinigen Macht verloren gegangen war. Einen wichtigen Anteil daran haben sowohl der SPD-Bildungsminister Steffen Reiche als auch die CDU mit ihrem allround-`Frontmann´ Jörg Schönbohm.
Steffen Reiche ist es beispielsweise gelungen, mit einer aufwendigen Kampagne, einer Bildungspolitik der Schlagzeilen und wenigen marginalen Veränderungen zugunsten einiger Weniger das bis 1999 in der Öffent-lichkeit vorherrschende Gefühl von Lethargie wegen des selbstverschuldeten bildungspolitischen Reformstaus und Stillstands in ein Gefühl von Dynamik und Bewegung zu verwandeln, indem er konkrete (Schein-) Verän-derungen in die Debatte brachte (z.B. Erhöhung der Eigenständigkeit von Schule, Maßnahmen zur Erhöhung der Qualität von Bildung und Erziehung durch zentralisierte Leistungsfeststellung, Mess- und Vergleichsver-fahren usw.), Handlungsentschlossenheit demonstrierte - auch gegen Bedenken in seiner eigenen Partei so-wie `seiner´ Verwaltung - und Volksnähe sowie Gesprächsbereitschaft demonstrierte.
Die CDU hatte es bereits vor den Wahlen geschafft, berechtigte Unzufriedenheit in der Bevölkerung gegen die damalige Bildungspolitik aufzugreifen und in eine Richtung zu kanalisieren, die auf stärkere Auslese der ver-meintlich `Starken´ und `Lernwilligen´ von den vermeintlich `Schwachen´ und `Lernunwilligen´, eine Erhöhung der Lehrerautorität durch die Einführung neuer (kostenloser) Repressionsinstrumente und die (notwendige) Erhöhung der Qualität schulischer Bildung und Erziehung durch mehr Leistungsdruck zielte. Sie schreckte dabei nicht davor zurück, laufende Untersuchungen zur Qualitätsfeststellung zu instrumentalisieren bzw. an `gute DDR-Erfahrungen´ (Kopfnoten) anzuknüpfen. Es ist ihr seit Mitte 1999 gelungen, die nach wie vor kon-zeptionslose SPD öffentlich sichtbar vor sich her zu treiben. Innerhalb des Gesetzgebungsverfahrens konnte sie alle ihre bildungspolitischen Ziele durchsetzen - von der Einführung einer Bewertung für das Arbeits- und Sozialverhalten über die Einführung von zentralen Abschlussprüfungen und frühzeitigen Fremdsprachunter-richt bis hin zur Einführung von Schnellläufer- oder jetzt so genannten Leistungsprofilklassen zum Abitur - , ohne auch nur ansatzweise ihr Wahlversprechen nach einer besseren Finanzausstattung des Bildungswe-sens umsetzen zu müssen. Im Gegenteil: Jetzt, wo sie alle ihre bildungspolitischen Sofortziele verwirklicht hat, lässt sie den Bildungsminister bei der `Abwehr´ von Personalstellenkürzungen `im Regen stehen´ und akzeptiert, dass die beschlossenen Maßnahmen zur Strukturveränderung aus dem bisherigen `Gesamtsys-tem Schule´ finanziert werden müssen.
2.
Die PDS hat sich innerhalb dieser Auseinandersetzungen vor allem mit ihren beständigen Forderungen und Vorschlägen nach Maßnahmen
· zur tatsächlichen Verbesserung der Arbeit an den Schulen - z.B. durch die Verkleinerung von Klassen, die Gewährung von Förder- und Teilungsunterricht, die Verhinderung von Unterrichtsausfall - ,
· zur Sicherung von Schulen im ländlichen Raum - z.B. durch die vorübergehende Zulassung von Einzügigkeit für weiterführende Schulen, die Absenkung der MindestschülerInnenzahlen zur Bildung von Eingangsklassen sowie die Stärkung der Gesamtschulen - ,zur Verbesserung der Qualität schulischer Bildung und Erziehung - z.B. durch die Koordinierung des Zusammenwirkens der einzelnen Schulstufen - , zur Herstellung gleicher Arbeits- und Lebensbedingungen für Lehrkräfte in Ost und West sowie
· zur Erhöhung der Möglichkeiten zur Mitbestimmung von SchülerInnen, Eltern und Lehrkräften eingebracht und damit Interessen von Betroffenen politisch vertreten bzw. öffentliche gemacht. Sicher, die Umsetzung dieser - zu großen Teilen von den Betroffenen selbst formulierten - Forderungen ist ihr nicht im gewünschten Umfang gelungen, weder im Schulgesetz noch in den Haushaltsgesetzen des Landes. Zum einen haben wir es nicht geschafft, den inzwischen in weiten Teilen der Bevölkerung fest verankerten - und von den politischen Akteuren wider besseren Wissens immer wieder geschürten - `Glauben´ ins Wanken zu bringen, dass die Kassen des Landes leer seien (obwohl immer wieder umfangreiche Finanzmittel zur Finanzierung von Pres-tigeprojekten oder "Pleiten, Pech und Pannen" der Landesregierung gefunden wurden und werden). Zum an-deren haben Partikularinteressen von Teilen der Betroffenen (die z.T. von der Landesregierung tatkräftig ge-schürt bzw. unterstützt wurden) eine Interessenbündelung verhindert. Eine für die Erzwingung einer Poli-tikänderung notwendige, erhebliche außerparlamentarische Bewegung konnte so leider nicht mobilisiert wer-den. Aber die PDS kann sich zugute halten, dass sie mit ihren Forderungen und Vorschlägen einen Beitrag dazu geleistet hat, Menschen zu ermutigen, sich für die Umsetzung ihrer Interessen selbst zu engagieren, den Regierenden immer wieder unangenehme Fragen zu stellen und ihnen hin und wieder den einen oder an-deren `kleinen Sieg´ abzutrotzen (z.B. der Erhalt der Sek. II der Gesamtschule Storkow).

II. Schlussfolgerungen
3.
Notwendige Maßnahmen zur tatsächlichen Erhöhung der Qualität von Bildung und Erziehung sind - mit den Ausnahmen Leistungsprofilklassen, Fremdsprachunterricht ab Klasse 3 ab dem Schuljahr 2003/04 und Zu-weisung geringfügiger zusätzlicher Ressourcen zur Verbesserung der Förderung von SchülerInnen an Grund-schulen in den Jahrgangsstufen 5 und 6 - bisher weder beschlossen worden noch geplant. Im Gegenteil: Der Rückgang der SchülerInnenzahl, der Möglichkeiten zur schrittweisen Verbesserung der Lehr- und Lernbeding-ungen an den Schulen eröffnen würde, wird über Gebühr dazu genutzt, den Landeshaushalt zu konsolidieren. Mit dem Doppelhaushalt 2000/2001 haben Landesregierung und Landtag erstmals mehr Lehrerstellen ge-strichen, als Schülerzahlen zurückgegangen sind. Die Landesregierung musste ihren diesbezüglichen Prog-nosefehler Anfang des Jahres öffentlich zugeben (siehe z.B. MAZ 23.02.01). Zusätzlichen Mitteln für Bil-dungsreformprojekten i.H.v. 12 Mio DM in diesem Jahr stehen 20,5 Mio DM Mittelstreichung zur Deckung des Nachtragshaushaltes und weitere Millionenbeträge weniger zur Deckung der globalen Minderausgabe ge-genüber. Diese Politik soll fortgesetzt werden: Zusätzlich zu 4.382 Lehrerstellen, die über das Haushalts-strukturgesetz abgebaut werden sollen, will die Landesregierung im Doppelhaushalt 2002/03 noch einmal zwischen 870 und 1.500 Stellen streichen. Damit stünden in 2005 noch zwischen 18.653 und 18.023 Lehrer-stellen (von jetzt 23.905 - Quelle: HH-Gesetz 2000/2001) zur Verfügung. Das würde einen Rückgang um 21,9% bzw. 24,6% bedeuten. Demgegenüber sinken nach den Prognosen des Ministeriums für Bildung, Jugend und Sport (MBJS) aus dem Jahre 1999

(Quelle: Informationsmaterialien des MBJS für die Sitzungen des Bildungsausschusses vom Februar bzw. November 1999)-im gleichen Zeitraum die SchülerInnenzahlen lediglich um 17,6%.

Anlage des Mitteilungsblatt "kf-Info August 2001"
Seite 2
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